Wer will ich sein in COVID-19 Zeiten?
17.03.2020 von Marie-Theres Euler-Rolle
Heute vor einer Woche fing es an, auf mein Unternehmen Stornierungen bis in den April hinein zu hageln.
Nach erstem ungläubigen Staunen stellte sich rasch die Frage:
Wer will ich sein in diesen COVID-19 Zeiten?
Seither beobachte ich, wie alles um mich herum zu retten versucht, was zu retten geht. Nur allzu menschlich.
Ich beobachte hektisches Treiben, um die verbleibenden Angeln so schnell wie möglich auszuwerfen und wenigstens noch ein paar letzte verbleibende Fische aus dem Teich zu ziehen. Nur allzu verständlich.
Ich beobachte das Zurückgeworfen werden auf sich selbst. Ich - ohne meine Leistung, ohne meinen Erfolg, ohne die üblichen Ressourcen, ohne meinen Status, ohne die Möglichkeiten, die ich sonst habe, in Resonanz zu gehen mit meiner Außenwelt.
Sich fangen und mit sich was anfangen.
Wenn wir nun danach streben, unsere Mitarbeiter virtuell anders zu begleiten, mit ihnen anders zu kommunizieren, Vertrauen aufzubauen und Engagement, dann ist das alles gut und schön. Aber wirklich zufriedenstellend gelingen - davon bin ich überzeugt - wird uns das dann, wenn wir erstmal bei uns selbst beginnen.
Wer will ich also sein in diesen COVID-19 Zeiten?
Ich will ein ruhiger Geist sein, denn der ist das ultimative Hilfsmittel, um Herausforderungen zu bewältigen. (Nach Bryant McGill)
Ich will mein Herz hin zur Welt öffnen, und nicht kleiner, habgieriger, egozentrischer werden - lieber im Vertrauen bleiben.
Ich will hinspüren, welche Worte und welches Tempo mir selbst und anderen gut tun. Und ich will sie ohne geschäftliches Kalkül, sondern aus Menschenliebe meinen Freunden wie Kunden vermitteln.
Ich will wahrnehmen, wo es nun überall Einladungen regnet, mich und meine Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Ich will jetzt erst recht Geld spenden für diese schrecklich armen Menschen auf Lesbos und nicht bangen um meinen Kontostand.
Ich will genau in diesem Augenblick präsent sein, denn er ist alles, was ich wirklich erlebe, so war es schon immer.
„Jeder Tag könnte dein letzter sein. Zieh die Schuhe aus und tanze.“ Oprah Winfrey.
Und wissen Sie was? Man bekommt so viel zurück, wenn man sich auf all das einlässt:
Freude, Dankbarkeit, echten Austausch - und ja: sogar schöne Aufträge, die man gerade jetzt niemals erwartet hätte.